Er ist der Stolz einer ganzen Nation, einer klitzekleinen mitten in Europa. Nicht nur die Schweiz, die ganze Welt fliegt auf den Pilatus PC-24, den jüngsten Star am Himmel der Businessjets. Über 30 Stück sind seit Februar 2018 schon ausgeliefert worden. Die erste Maschine mit der Seriennummer 101 hat bereits über 1100 Flugstunden gesammelt. Ein rarer Augenschein «behind the scenes» in Stans.
Die PC-24 kostet im Normalausbau 10,7 Millionen Dollar. Und zwar überall auf der Welt.
Fertigungswerk in Stans, 15 Fahrminuten von Luzern entfernt.
Der fliegende Offroader kann auf Schotter, Gras und Schnee aufsetzen.
Die Royal Flying Doctors setzen auf ihn. Der Schweizer Bundesrat ist mit an Bord und hat seine T-786 im Februar 2019 übernommen. Und auch in Gstaad ist der neue Superflieger von Jetfly im Design von Philipp Starck regelmässig zu sehen. Die Rede ist vom PC-24, dem ersten Jet-Flugzeug, das in der Schweiz gefertigt wird. Die Traditionsfirma Pilatus Flugzeugwerke — sie wurde 1939 gegründet und ist seit 80 Jahren am Himmel präsent — verfolgte seit über zehn Jahren schon den Plan, dieses Wagnis zum Fliegen zu bringen. Am 1. August 2014, dem Schweizer Nationalfeiertag, war das Rollout; in anderthalb Tagen gingen 84 Bestellungen ein. So viele, dass ein Bestellstopp bis Sommer 2019 verordnet werden musste. Schliesslich wollen die Schweizer Überflieger liefern, was sie versprechen: Qualität. Swiss made. Nun ist das Flugzeug, das im Normalausbau 10,7 Millionen Dollar — notabene überall auf der Welt gleich viel — kostet, wieder erhältlich. 40 Stück sollen im 2019 in die Luft gehen, ab 2020 sind 50 pro Jahr vorgesehen. Wir besuchen exklusiv das Fertigungswerk in Stans, 15 Fahrminuten von Luzern entfernt. Begleitet werden wir von Ignaz Gretener, Vice President General Aviation, und Matthias Luder, Leiter Verkauf & Marketing. Normalerweise findet man hier keinen Zugang.
55 Nationen arbeiten bei Pilatus, darunter 125 Lehrlinge in 13 Lehrberufen.
Da steht er also, der erste PC-24, den ich live sehe. Auf den ersten Blick ein eigenartiger Vogel, schnittig-elegant, in diesem Fall ganz in Matt-Grau gehalten, sehr diskret in seiner Gesamterscheinung. Dieser hebe in den nächsten Tagen nach Dänemark ab. «Das Design bestimmen unsere Kunden. Wir verfügen über eine Palette von Grundmustern, die sich bewährt haben», erklärt Ignaz Gretener. Pilatus arbeitet mit den Besten aus der Branche, unter anderem mit Designworks, einer Tochterfirma von BMW in Kalifornien. Und an Ideenvielfalt fehlt es nicht: Da gibtʼs einen Flieger mit Tribal Art, der auf Privat-Safari-Einsätzen in Südafrika verkehrt. Oder da war jener Kunde, der auf dem gesamten Rumpf den Nachthimmel mit dem Universum der Sternbilder wiedergegeben haben wollte. Auch Flieger im Zebraoutfit, im Leopardenstil oder mit Windmühlen auf Flügel und Body kreuzen durch die Lüfte. Gleiches gilt fürs Interieur des Fliegers. Kürzlich sei sogar eine konsequent vegane Ausstattung gewünscht worden, also kein Leder, alles aus Baumwolle. «Alles ist möglich bei uns, solange die Behörden die Zulassung erteilen. Die Sicherheit geht immer vor, selbstverständlich», sagt Verkaufschef Matthias Luder.
Für den Verkauf des PC-24 zuständig: Matthias Luder, Leiter Verkauf & Marketing.
PC-24 in Zahlen
Kürzeste Landedistanz: 839 m
Maximale Steigleistung: 20,7 m/s
Maximaltempo: 815 km/h
Reichweite (bei 4 Personen): 3704 km
Maximale Flughöhe: 13 716 m
Basisgewicht: 5,315 t
Maximales Abfluggewicht: 8,3 t
Maximales Landegewicht: 7,665 t
Für den Verkauf des PC-24 zuständig: Ignaz Gretener, Vice President General Aviation.
Soeben passieren wir einen PC-24 im Rohbau. Im Innern hängen Drähte und Paneelen von der mehrheitlich unverkleideten Decke. Die Isolation wird momentan angebracht. Unter dem Flugzeug rollt ein Mitarbeiter auf einer Art Sofabett rund ums Fahrwerk und bringt Schrauben an. 55 Nationen arbeiten bei Pilatus, Fliegerei ist eben eine internationale Sache. An Nachwuchs — aktuell sind hier 125 Lehrlinge in 13 Lehrberufen beschäftigt — und interessierten Fachkräften mangelt es nicht. «Der PC-24 wird in der Schweiz komplett gebaut und flugtüchtig gemacht. Dann erhält er eine vorläufige Immatrikulation der Schweiz, bevor er meistens in die USA, in unser dortiges Werk, zur Endmontage überführt wird. Und dann gleich auch die Genehmigung durch die US-Flugbehörde FAA erhält», präzisiert Gretener. Der Flieger, vor dem wir unterdessen stehen, ist ein besonderer. Er wurde nämlich von einer Kommune von Inuit im höchsten Norden Alaskas bestellt. Der Chief höchstpersönlich flog nach Stans und unterzeichnete — live per Face Time mit seinen Stammesältesten verbunden — den Vertrag. «Das Flugzeug wird für die Gemeinde, die fernab von jeder Zivilisation wohnt, so etwas wie die Lebensader sein. Rettungsflieger, Versorgungsflieger, Tor zur Welt.»
Die Traditionsfirma Pilatus Flugzugwerke ist seit 80 Jahren am Himmel präsent.
Und so sind es noch etliche andere. Besonders stolz ist man bei Pilatus über die Bestellung der Royal Flying Doctor Service of Australia. Diese flogen schon länger mit dem Flugzeugtyp PC-12 mit Turboprop-Antrieb, das traditionell stärkste Zugpferd im Stall. Nun aber sattelt die private Hilfsorganisation auch auf PC-24 um. Bereits hat sie drei Ambulanzflugzeuge bestellt und den ersten seit November 2018 in ihren Reihen. «Der Neue ist eben sehr versatil, er hat als erster Businessjet eine separate grosse Cargo-Türe, was für Patiententransporte sehr hilfreich ist. Zudem kann er auf sehr kurzen Pisten starten und landen. Und noch wichtiger: Der fliegende Offroader kann auch auf Schotter, Gras und Schnee aufsetzen», zeigt sich Gretener begeistert. Diese «Swissness» im Sinne von Technologieführerschaft, gepaart mit Präzision, Verlässlichkeit und einem permanenten Service vor Ort sind es, die Pilatus als Nischenplayer in der Privatfliegerei zu einem guten Ruf verholfen haben. Und das obwohl aus der kleinen Schweiz, die kaum als Luftfahrernation auf dem Globus bekannt sein dürfte. «Wenn man einen Flieger gekauft hat, ist damit nicht Schluss. Denn dann beginntʼs erst richtig. Wir verfügen über Teams in allen wichtigen Aussenmärkten, damit diese Händler bei Bedarf sofort eingreifen können, sei es in der Wartung oder in der Ausbildung.» Und so erstauntʼs denn auch nicht weiter, dass viele Besteller eine oft lebenslange Beziehung zu den Schweizern pflegen. Etliche haben sogar den neuesten Vogel bestellt, ohne ihn live vor Ort anzuschauen. Auch bekannte Namen sind mit an Bord: Der ehemalige Nestlé-Chef Peter Brabeck hat einen, Bernie Ecclestone ist treuer Kunde seit eh und je. Wer denn sonst noch einen bestellt habe? Darüber schweigt des Dichters Höflichkeit. Diskretion ist garantiert. Typisch schweizerisch eben. (rw)