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Auch wenn er um die ganze Welt gereist ist und in den besten Häusern für die besten Herrschaften schon gekocht hat, ist Franz W. Faeh auf dem Boden geblieben. Der Culinary Director im Gstaad Palace ist ein Hiesiger. Einer aus dem Tal zwar, einer aber, der in seiner Jugend oft zu Alp war.



Als Bub war ich keine fünf Kilometer von hier jeden Sommer am Kühehüten. Dort ennet der Hasenegg, da liegt der Hintere Walig. Und da half ich meinem Götti, dem Zingre Hans.» Heu zusammenrechen, Kühe heimtreiben und melken, Stall putzen — Franz W. Faeh scheute die Handarbeit nicht. Und das handhabt er bis heute so. Deshalb ist er auch gerne draussen, auf dem Vorderen Walig, weit weg vom hitzigen Treiben in der Palace-Küche. Auf 1700 Metern über Meer ist sein Revier, hier hat er Luft zum Nachdenken und Tüfteln.

Und so kam es, dass sein Vorgänger Peter Wyss ihm eine etwas sperrige Holzkiste überlassen hatte, mit der er zuerst nichts anzufangen wusste. Beim genaueren Hinsehen jedoch entpuppte sich das 1,5 auf 0,5 Meter grosse Stück als Solarbackofen. Rund 20 Kilogramm schwer ist er und kann mittels zweier Griffe herumgetragen werden. Diese Modelle sind normalerweise in Afrika im Einsatz, dort, wo es an allem mangelt, insbesondere aber an elektrischem Strom. Und so haben kluge Köpfe diese Holzkiste mit einer Klappe aus Glas ausgestattet und einer zweiten, die mit reflektierender Folie belegt ist. Diese führt die Sonnenstrahlen durchs Glas auf den Pizzastein, der den Boden des mobilen Backofens ausmacht. Selbiger ist, um die Hitze möglichst zu reflektieren, zudem mit schwarzer Farbe bemalt. Das Erbstück stammt vom Pfarrer aus Lauenen, der es bei Hilfseinsätzen in Afrika entdeckt und den damaligen Palace-Küchenchef darauf aufmerksam gemacht hatte.

Und die eingefangene Sonnenenergie heizt erstaunlich ein. Eine Stunde nun steht das Teil an der Sonne und schon haben wir die gewünschten 100 bis 120 Grad beisammen. «Schritt eins ist immer: Hitze aufbauen. Dafür muss man den Ofen stets nach dem Sonnenstand ausrichten und dafür sorgen, dass sich der Pizzastein möglichst gut erwärmt.» Franz W. Faeh ist parallel dazu bereits am Werk. Er würzt die Langoustinen mit Olivenöl, Pfeffer und Salz. Parallel dazu belegt er ein zweites Blech mit frischen Forellenfilets, legt sie auf Stangensellerie, würzt sie und übergiesst sie mit gehörig Weisswein. Das dritte Element des Walig-Menüs sind die Meringues. Die Masse besteht aus Eiweiss und Zucker. «Deren Geheimnis ist, dass man den Zucker in drei Etappen dem Eiweiss beimischt.» Franz dressiert — einmal mehr spürt man den Könner — diese mit Schwung und Sorgfalt auf ein Stück Backpapier. Zwei tupfgleiche grosse S sind bereit, ebenfalls in den Ofen zu wandern. Alle drei Gänge werden nun gleichzeitig der Sonnenenergie unterzogen. Man darf gespannt sein …

Ob er selbst denn auch ein Alphüttli besitze? Faeh schüttelt den Kopf. Er sei einer «von una us», aus dem Talboden. Und obwohl er in Gstaad aufgewachsen ist, hat er mehr Verwandte im Ausland als vor Ort. Das kommt nicht von ungefähr, denn seine Mutter stammt aus Norwegen, 300 Kilometer südlich von Oslo. Dort ist er denn auch gern, wenn er frei hat im Palace. Und hat schon manche gute Idee aus der Nordic Cuisine mitgebracht im Ideengepäck. Ob er gerne campiere, wenn er privat reise, wollen wir wissen. Franz W. Faeh schüttelt den Kopf. Das sei gar nicht sein Ding, wenngleich seine Frau ihn schon lange dazu bringen möchte …

 

Gute 35 Minuten später tut sich was im Glaskasten. Die Langoustinen haben eine schöne, weisslich-rote Farbe genommen. Der rohe Fisch gart ebenfalls sanft. Und die Meringues verlieren ihre glasige Blässe und werden allmählich weiss und fest. Nach weiteren fünf Minuten öffnet Franz W. Faeh den Ofen und staunt über die Hitze im Innern. Fast hätte er sich gar die Finger verbrannt am heissen Stein. Nun richtet er die Langoustinen an, der Salat wird am Brunnen mit Alpwasser gewaschen, die Kräuter zum Ausgarnieren ebenso. Dann drapiert er die Meerestiere auf ein grünes Beet und Mozzarella di Bufala, die er täglich frisch von einem Lieferanten direkt aus Kampanien erhält. Dann beträufelt er den 1. Gang mit der Sauce Agrume, die er herrlich sauer-süsslich mit Zitronen- und Orangensaft angesetzt hat. Während wir den Primo Piatto kosten, wird bereits die Forelle dem Ofen entnommen und mit Kartoffeln und einem Sösschen aus Rahm, Red Curry und etwas frisch gehacktem rotem Chilli napiert. Auch der 2. Gang ist ein Gedicht. Der Weltenbummler Franz W. Faeh bringt kulinarische Welten zusammen, weit oben über Feutersoey. 



Fehlen nur noch die Meringues. Die brauchen länger, 20 bis 30 Minuten sicherlich noch. Unterdessen schlägt Franz den Doppelrahm auf. Und das ist ein Heimspiel, denn schliesslich hat er die Kühe seines Patenonkels nicht nur gemolken, sondern hernach mittels Gebse zum grossen Chessi transportiert und beim Käsen mitgeholfen. Bevor die Milch jedoch aufgekocht wurde, musste sie stets entrahmt werden. «Und daraus macht man dann eben Anke, die Butter, oder Nidle, wie wir sagen.» Was gibtʼs Besseres als frisch gebackene Meringues mit Crème double und saisonalen Früchten, am besten natürlich handgepflückte Heidelbeeren von der Alp. Dafür blieb heute keine Zeit. Franz W. Faeh muss los — er hat noch ein Catering und ein grosses Bankett für Gäste vom Tennisturnier. In 15 Minuten hat er seine sieben Sachen gepackt und den Ofen im Wagen verstaut. Wir bleiben noch und wandern später — ein idealer Verdauungsspaziergang — in der Abendsonne zu Tal. (rw)

 

Drei Rezepte

Sämtliche Rezepte sind für 4 Personen kalkuliert. En Guete!

Mi-cuits de langoustine
Burrata di buffalo et salade pastorale, sauce agrume

  • 8 Stück Scampi (Grösse 9 – 12), geschält und entnervt
  • Olivenöl, Salz, Pfeffer, Thymian
  • 4 Stück Burrata di Buffala à 125 gr
  • 100 gr gemischter Blattsalat und Kräuter
  • Aceto Balsamico, alter Herkunft

Sauce agrume

  • 15 gr Orangensaft
  • 8 gr Zitronensaft
  • 5 gr Honig
  • 15 gr Sonnenblumenöl
  • 5 gr Olivenöl
  • 8 gr Avocadopüree
  • Salz, Pfeffer


Filet de Truites Palace Tom Kha

  • 4 Stück Bachforellen filetieren
  • Selleriestreifen
  • Lauchstreifen
  • Weisswein
  • Salz, Pfeffer
  • Caviar
  • Olivenöl
  • Blattspinat
  • Salzkartoffeln
  • Salz, Pfeffer

Sauce Tom Kha

  • Sesamöl
  • Zwiebeln, eminciert
  • Ingwer, geschält und eminciert
  • Galgantwurzel, eminciert
  • Zitronengras, zerstossen

«Tom Kha Gai»-Paste

  • Kokosmilch
  • Chilli, rot, entkernt & eminciert
  • Limettenjus, Fischsauce

Zubereitung

  • Zwiebeln ohne Farbgebung im Sesamöl glasig andünsten.
  • Ingwer, Galgant und Zitronengras beigeben und während rund 15 Min. dünsten.
  • Die «Tom Kha Gai»-Paste beifügen und ebenfalls 15 Min. mitdünsten, dann Kokosmilch dazugiessen und mindestens eine Stunde lang unter stetigem Umrühren am Siedepunkt leicht kochen lassen.
  • Anschliessend mit Chilli, Limettenjus, Fischsauce und Zucker abschmecken, das Zitronengras entfernen, die Suppe mixen und schliesslich abpassieren.
  • Falls nötig, mit wenig Wasser verdünnen oder bis zur gewünschten Konsistenz reduzieren.

Meringue à la crème double du Saanenland

  • 100 gr Eiweiss
  • 300 gr Zucker in drei Etappen dazugeben
  • Doppelrahm, steif geschlagen
  • Beeren verschiedenster Art (Brombeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren) zum Dekorieren.




ISSUE N° 9 – INSIGHTS

DER SONNENKÖNIG